Schwarzwald aktuell
Foto: Emil Scheibel / Schwarzwald-Brennerei GmbH (alle Fotos)
Freuen sich über eine gute Kirschenernte: links Verena Mayer-Bühler (Landwirtin aus Kappelrodeck) und Sabrina Walter (Genussbotschafterin Scheibel.).
Freuen sich über eine gute Kirschenernte: links Verena Mayer-Bühler (Landwirtin aus Kappelrodeck) und Sabrina Walter (Genussbotschafterin Scheibel.).
Foto: Emil Scheibel / Schwarzwald-Brennerei GmbH (alle Fotos)

Köstlichkeit Kirsche: Kulturgut  aus Schwarzwald und Ortenau

10. Juli 2024
„Ja, sind denn schon die Trauben reif?“ Verwirrte Blicke in die Körbe. Randvoll sind sie mit kleinen runden, tiefschwarzen Früchten. Doch es ist gerade mal Ende Juni. Längst keine Weinlesezeit. Beim genaueren Betrachten werden die Augen groß: Kirschen? Brennkirschen! Wir haben uns bei der

Wahre Kirschenpioniere

Hier im Achertal leben wahre Kirschpioniere. Sie haben aus der Wildkirsche zuckersüße
Brennkirschen für hochwertige (und hochprozentige) Spirituosen entwickelt. Daraus stellt die
Scheibel-Brennerei in verschiedenen Brennverfahren besondere Kirsch-Spezialitäten her: das
klassische Schwarzwälder Kirschwasser, klar und filigran, von feingliedriger Sensorik und zarter Frische, destilliert über Gold in der Brennerei „Neue Zeit“– wie auch der zartgoldener Kamin-Kirsch mit rauchiger Nuance. Langsam über dem offenen Holzfeuer der Brennerei „Alte Zeit“ gebrannt, entfaltet der Acher-Kirsch seine kraftvolle Würze.

Der Laie kommt und staunt: Kirschenernte auf den Feldern

Verschiedene Brennverfahren

Das war der erste Scheibel-Edelbrand, den ich hier in Kappelrodeck probiert habe“, erinnert sich Chef-Destillateur Frank Blechschmidt, der gebürtig aus dem Erzgebirge stammt. „Seither ist er mein persönlicher Favorit. Das ist ein echter Bauern-Kirsch mit 56% Vol. Einer, ganz nach Emil Scheibels Geschmack. Für den war ja alles unter 50% Vol. Weihwasser, so sagt man.“

Ja, der Firmengründer kannte den „Alte Zeit Wilder Bergkirsch mit Früchten aus den Höhengebieten des Nordschwarzwaldes noch nicht. Mit 44% Vol. fällt der vergleichsweise mild aus, trumpft jedoch mit seinen vielschichtigen Aromen auf. Den hätte sich auch Emil Scheibel schmecken lassen, ebenso wie den Cherry-Brandy, eine Komposition mit Sauerkirschen. Dessen Fässer verleihen in ihrer zweiten Runde dem feinen Wacholderschnaps The OriGINal eine fruchtige Achertäler Kirschnote.

Die Vielseitigkeit der Frucht überzeugt – und noch mehr. „Das ist ein wunderbarer Baum mit einer schönen Form und herrlichen Blüte. Er ist der erste im Jahr, der Früchte trägt, aromatisch, knackig, saftig, himmlisch süß“, schwärmt Blechschmidt, dessen Arbeit an den Scheibel-Kirschspezialitäten mitten auf der Obstplantage beginnt.

Die Kirschenernte

Kurz vor der Ernte fährt er mit Qualitätsmanagerin Caroline Huber raus zu den Obstbauern. Dort begutachten sie die Ware am Baum. Das ist jedes Jahr spannend, da Naturprodukte von vielen Faktoren beeinflusst werden. Die Experten prüfen: Welchen Oechslegrad haben die Früchte schon erreicht? Sind sie unbeschädigt? Wie riecht es auf dem Feld? Nehmen sie eine Essignote wahr, Hinweis auf die gefürchtete Essigfliege, oder duftet es nach Kirschen und Wiesenkräutern?

Entspricht alles ihren Vorstellungen, kauft Blechschmidt für die Scheibel-Produktion die komplette Ernte des begutachteten Feldes ab. „Das gibt den Obstbauern Planungssicherheit, und wir können das weitere Wann und Wie besprechen“, erklärt der Chef- Destillateur, der basierend auf der Besichtigung bereits die nächsten Arbeitsschritte plant.

Rund 50 Tonnen Kirchen pro Jahr

Rund 50 Tonnen Kirschen verarbeitet die Emil Scheibel Schwarzwald-Brennerei jedes Jahr. Sie stammen allesamt aus dem Ort und der näheren Umgebung. Das schätzt Blechschmidt sehr: „Da kennt, versteht und vertraut man sich. Die Wege sind kurz, manchmal kann ich für Abstimmungen einfach hinlaufen. Der Umgang ist herzlich und die Zusammenarbeit läuft reibungslos.“ Das muss sie auch, denn die Kirschenernte ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Kirschen reifen nicht nach. Nur am Baum können sie Aroma und Zuckergehalt voll ausbilden. Einen Puffer für die Lagerungen nach dem Schütteln gibt es nicht.

Ein Wettlauf mit der Zeit

Gegen Mittag kommen die ersten Hänger mit Boxen à 300 bis 400 Kilo Kirschen an – noch warm von der Sommersonne, oft 30 Grad und mehr. „Bereits beim Abladen beginnen wir mit der Qualitätskontrolle. Dann fahren die Obstbauern gleich wieder raus aufs Feld und ernten weiter, während wir umgehend mit dem Verarbeiten beginnen“, erklärt Blechschmidt. Denn je länger die Kirschen der Hitze ausgesetzt sind, desto schneller übergären sie, was sich später auf das Destillat negativ auswirkt.

Gleich nach der Ernte werden die Kirschen sortiert.

Doch zuvor müssen noch so viele Steine und Stiele wie möglich entfernt werden,
damit sich kein „grüner, grasiger Beigeschmack“ oder eine zu dominante Bittermandelnote
einschleicht. Nur erstklassige Ware darf in die Tanks zur Kühlgärung. Bei gleichmäßigen zehn Grad Celsius, der Fachmann spricht von „sauberer Gärführung“, entsteht eine Maische, die beste Voraussetzungen liefert für Blechschmidts weitere Arbeit: die Destillation harmonischer Edelbrändemit betörender Fruchtnote, allen voran das berühmte Schwarzwäldern Kirschwasser. Text:  Nicole Stichling

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