Schwarzwald aktuell
Foto: Hans-Jörg Haas / Freilichtmuseum Vogtsbauernhof
Der wohl berühmteste Bauernhof des Schwarzwalds: der Vogtsbauernhof. Namensgeber und Ausgangspunkt des ältesten und meistbesuchten Freilichtmuseums Baden-Württtembergs.
Der wohl berühmteste Bauernhof des Schwarzwalds: der Vogtsbauernhof. Namensgeber und Ausgangspunkt des ältesten und meistbesuchten Freilichtmuseums Baden-Württtembergs.
Foto: Hans-Jörg Haas / Freilichtmuseum Vogtsbauernhof

G’schichtle 90: So vererbten Schwarzwälder Bauern ihre Höfe

20. August 2022
Tja, der Schwarzwald war eben schon immer ein bisschen was Besonderes. Dies gilt auch für das Erbrecht. Hier galt in den meisten Regionen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein das sogenannte „Anerbenrecht“.

Eine Rechtsform, die für die Schwarzwaldhöfe von entscheidender Bedeutung war, sah sie doch im Kern vor, dass nur ein Kind den Hof erbte. Letzten Endes wurde so das Überleben des Hofes gesichertu verhinderte dies doch, dass zu viele Menschen von dem Hof leben mussten.

Von der Thronfolge kennen wir, dass jeweils der Älteste den Anspruch auf den Thron hat. Nun, bei den Schwarzwaldhöfen war die Geschichte gerade andersherum. In aller Regel war es der jüngste Sohn, der den Hof erbte, während die anderen Kinder – wenn dies möglich war – als Knechte und Mägde auf dem Hof bleiben konnten oder den heimatlichen Hof verlassen mussten, um andernorts ihr Auskommen zu finden.

Was sich die Schwarzwaldbauern dabei dachten

Dass nicht der Erstgeborene, sondern der jüngste Spross den Hof übernahm, hatte natürlich seinen Grund, lag es doch gleich in zweierlei Hinsicht im Interesse der Eltern. So konnten sie den Hof möglichst lange selbst bewirtschaften und die späteren Erben als Arbeitskräfte einsetzen. Zum anderen sicherte dies nach der Hofübergabe die Altersversorgung der Eltern, wobei das Kalkül dahintersteckte, dass der Jüngere doch länger leben würde, als der Ältere.

Die Hofübergabe erfolgte in der Regel noch zu Lebzeiten der Eltern. Für diese war dies ein entscheidender Einschnitt. Waren sie bis dahin als Selbstversorger über Jahrzehnte unabhängig, änderte sich dies für sie von einem Tag auf den anderen. Jetzt waren die Altbauern auf die Versorgung durch die Jungbauern angewiesen.

 Blick in die Stube eines Leibgedinghauses im Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof. Foto: Vogtsbauernhof

Leibgedinghaus für die Alten

In diesem Zusammenhang kommt der Begriff des Leibgedings ins Spiel. Dabei verpflichtete sich der Jungbauer, die Eltern bis zu deren Ableben mit Wohnfläche, Nahrungsmittel und weiteren Leistungen zu versorgen, wobei der Umfang der Versorgung genau festgelegt wurde.

War genügend Geld und Platz da, zogen die Eltern in ein eigen errichtetes Leibgedinghaus (Auszugshaus) um. So wurde Konflikten vorgebeugt, die sich beim Zusammenleben unter einem Dach ergeben konnte.

Wenn Sie sich näher informieren wollen, empfehlen wir Ihnen einen Besuch von Baden-Württembergs erfolgreichstem und ältestem Freilichtmuseum „Vogtsbauernhof in Gutach (Schwarzwaldbahn). Dort erfahren Sie nun wirklich alles über das bäuerliche Leben im Schwarzwald. Neben stattlichen Bauernhöfen wie dem namensgebenden Vogtsbauernhof gibt es dort zum Beispiel auch ein Leibgedinghaus, das Sie besichtigen können. Erbaut 1652 wurde es 1964 in das Museum versetzt.
Weitere Infos über das Museum finden Sie unter www.vogtsbauernhof.de

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