Schwarzwald aktuell
Foto: NABU/Daniel Schmidt-Rothmund
Sorgt für „tierisch“ große Freude und weckt Hoffnungen auf eine erfolgreiche Wiederansiedelung: das Fischadler-Paar im Horst bei Rastatt
Sorgt für „tierisch“ große Freude und weckt Hoffnungen auf eine erfolgreiche Wiederansiedelung: das Fischadler-Paar im Horst bei Rastatt
Foto: NABU/Daniel Schmidt-Rothmund

Rastatt / Sensation: Der Fischadler brütet wieder am Oberrhein

19. April 2024
Manchmal kann man sein Glück und seine Freude kaum fassen. So dürfte es in diesen Tagen wohl auch dem NABU-Ornithologen Daniel Schmidt-Rothmund und vielen seinen Unterstützern gehen. Und deren Glück und deren Freude ist in diesem Fall im wahrsten Sinne des Wortes eine „tierische“. In einem Horst bei Rastatt ist Baden-Württembergs einziges Fischadlerpärchen am Brüten. Eine Sensation!

Zweite Brut in den letzten 115 im Ländle

Ja, auf dieses Foto hat sich NABU-Ornithologe Daniel Schmidt-Rothmund lange gefreut: „Sie brüten wieder. Es ist der Wahnsinn, ich bin froh und dankbar, dass das Weibchen Chronos und ihr Gatte wohlbehalten zurück am Nest in Baden-Württemberg sind. Chronos liegt nun ausdauernd flach im Nest, ein sicheres Zeichen für das erste Ei. Jetzt hoffen wir jeden Tag auf ein Foto, das zeigt, wie viele Eier im Horst liegen“, erklärt der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums Mössingen. Sollte die Brut im Horst bei Rastatt erneut erfolgreich sein, wäre es erst die zweite in Baden-Württemberg seit mehr als 115 Jahren.

Jungvögel könnten Mitte Mai schlüpfen

Das Rastatter Paar hat 2023 erstmals zwei Küken erfolgreich aufgezogen. Baden-Württembergs einzige Fischadler-Familie war im September zum Langstreckenflug gen Süden aufgebrochen, das Männchen kehrte am 21. März als erstes zum Horst zurück und richtete diesen her, das Weibchen folgte acht Tage später. Bei ihrem gut und gerne 5.000 Kilometer langen Rückflug überqueren sie die Sahara, das Mittelmeer und die Pyrenäen und sind dabei vielen Gefahren ausgesetzt, wie Wilderern, Unwettern oder Plastikmüll, indem sie sich verfangen können. Am oberrheinischen Brutplatz gilt jetzt umso mehr: Daumen drücken und hoffen, dass alles gut geht und die Fischadler-Jungen Mitte Mai schlüpfen.

Große Chance dass Jungvögel bleiben

Die Jungvögel vom letzten Jahr, Balbü und Kju, vagabundieren noch zwei bis drei Jahre umher, bevor sie sesshaft werden. Dann stehen die Chancen gut, dass sich das junge Männchen Kju in der Nähe seines Geburtsortes am Oberrhein ansiedelt, denn Fischadler sind heimattreu und nisten gerne in der Nähe anderer Paare ihrer Art. Zur Wahl stehen dort mehrere weitere Plattformen auf hohen Bäumen.

Horst-Standort am Oberrhein ist echter Glücksgriff

Die künstliche Nisthilfe bei Rastatt hatte NABU-Ornithologe Schmidt-Rothmund erst vor drei Jahren in der badischen Oberrheinebene montiert: „Offenbar ist dieser Standort ein echter Glücksgriff. Fischadler sind wählerisch, sie lieben Wälder mit einzelnen, alles überragenden Baumriesen. Doch die sind selten. Von hoch oben können sie alles überblicken und Nesträuber rechtzeitig erspähen.“

 Dass ein solcher Baumriese gefunden wurde, das Fischadler-Paar den Platz entdeckt und akzeptiert hat, war kein Zufall: Mehr als 30 Fischadler-Plattformen hat Schmidt-Rothmund bereits auf hohen Bäumen im Land installiert, Nistmaterial hochgeschafft und die Standorte regelmäßig besucht – mit Hilfe eines großen Netzes aus Ehrenamtlichen sowie vogelbegeisterten Spenderinnen und Spendern und mit Unterstützung von Forst BW, Gemeinden und Privatwaldbesitzenden, die ihre Flächen zur Verfügung stellen.

Im 19. Jahrhundert noch weit verbreitet

Fischadler am Rhein – was heute als eine Sensation gilt, sah noch im 19, Jahrhundert ganz anders aus. Damals war der Fischadler in Baden-Württemberg entlang von Donau, Rhein, Neckar sowie an Kocher und Jagst beheimatet. Bekannt ist dies vor allem, weil aus dem 19. Jahrhundert Jagdstatistiken mit langen Abschusslisten vorliegen. Auch Eiersammlungen in Museen belegen das. Als vermeintlicher Nahrungskonkurrent des Menschen wurde der Greifvogel erbarmungslos abgeschossen, seine Gelege wurden geplündert und man fällte Horstbäume, bis zur Ausrottung 1907.

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