Der russische Regimekritiker war am 20. August 2020 bei einem Inlandsflug in Russland zusammengebrochen. Wie sich herausstellen sollte, war auf ihn ein Giftanschlag mit einem Nervenkampfstoff verübt worden. Zwei Tage wurde er zunächst in einer russischen Klinik behandelt und dort in ein künstliches Koma versetzt. Auf Drängen seiner Familie wurde er nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt. Im September 2020 wurde er aus dem künstlichen Koma geholt und konnte noch im selben Monat das Krankenhaus verlassen. Er blieb zur Erholung in Deutschland.

Erholung im Schwarzwald

Es war das kleine Örtchen Ibach im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, in dem Nawalny sich weiter von den Folgen des Giftanschlags erholte. Öffentlich bekannt gemacht wurde sein Aufenthaltsort von den Behörden damals aus Sicherheitsgründen nie gemacht. Weit weniger Zurückhaltung legte sich da Nawalny selbst auf. So stellte er immer wieder auch mal Bilder aus dem Schwarzwald ins Netz. Wer sich ein bisschen auskannte, konnte schnell erkennen, wo er war. Nein, Ängstlichkeit –das war nun wirklich das Allerletzte, was das Leben dieses entschlossenen und mutigen Kämpfers für die Freiheit in seiner Heimat prägte.

 „Ibach -einer der schönsten Orte der Welt“

Der Putin-Kritiker fühlte sich wohl hier, bezeichnete die kleine Schwarzwaldgemeinde sogar als „einen der schönsten Orte der Welt“. Auch gesundheitlich machte er Fortschritte. Dies hatte vor allem auch mit seinem persönlichen Fitnesstrainer Björn Leber zu tun, der ihn zwei Monate betreute. Eine Zeit, in der sich zwischen den beiden eine echte Freundschaft entwickelte. Entsprechend geschockt war Leber jetzt von der Todesnachricht. Er könne dies alles noch nicht fassen.

Betroffenheit in Ibach und Kirchzarten

Ibachs Bürgermeister Helmut Kaiser reagierte ebenfalls tief betroffen und bestürzt: „Unser Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und seinen Vertrauten, die mit ihm den Kampf für eine bessere Welt in seiner Heimat geführt haben“, wird er in den Zeitungen zitiert. Er habe die Gefahren gekannt, die er mit einer Rückkehr auf sich nehme, doch sei es ihm wichtig gewesen, sich an der Seite der Menschen vor Ort in Russland für gerechte und bessere Lebensverhältnisse einzusetzen.

„Es war ein Geschenk ihn erlebt zu haben“

Die letzten zwei Wochen seines Aufenthaltes im Schwarzwald verbrachte er in Kirchzarten im Black Forest Studio, wo er mit dessen Unterstützung den berühmten Nawalny-Dokumentarfilm drehte, der weltweit Furore machte und den Oscar erhielt. „Wir sind zutiefst schockiert“, sagte die Gesellschafterin des Studios, Nina Gwyn Weiland gegenüber dem SWR. Und weiter: „Er war ein mutiger Mann, voller Zivilcourage. Selbst aus der Gefangenschaft heraus rief er dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen und sich nicht von der Angstmaschinerie kleinmachen zu lassen“. Es sei ein Geschenk gewesen, ihn erlebt zu haben.

Nach einem Abschiedsabend im Studio flog er am anderen Tag von Berlin aus zurück in seine Heimat. Noch auf dem wurde er festgenommen, vor Gericht verurteilt, wo er in dem gefürchteten Straflager jetzt noch immer unter völlig ungeklärten Umständen überraschend verstarb. Kaum jemand, der letztlich nicht Putin für den Tod seines größten Widersachers im eigenen Land verantwortlich.