Erinnern wir uns: Der Gründung des Nationalparks waren lange, heftige Diskussionen vorausgegangen. Am Ende stand die „Zwei-Teile-Lösung“ weil nicht alle privaten und kommunalen Waldbesitzer dem Projekt zustimmten. Dies vor allem auch aus forstwirtschaftlichen Überlegungen heraus. Jetzt unternimmt die baden-württembergische Landesregierung einen neuen Anlauf. Ein breit angelegter Beteiligungsprozess ist derzeit im Gange, der alle Beteiligten in die Weiterentwicklung des Parkes einbinden soll. Der Prozess, von dem einige Bausteine bereits abgeschlossen sind, soll bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein.
2024 als Zielmarke
Im Koalitionsvertrag hatte die grün-schwarze Landesregierung festgelegt, den Nationalpark Schwarzwald weiterzuentwickeln. Die zuständige Umweltministerin Thekla Walker in einem Interview mit dem Badischen Tagblatt: „Wir wollen den Nationalpark stärken. Er steht für eine einzigartige Landschaft und ist wichtiger Rückzugsort für die Tiere und Pflanzen unserer Heimat.“ Zur weiteren Entwicklung des Parks gehört für die Ministerin sinnvollerweise vor allem auch ein Lückenschluss. Walker über ihre zeitlichen Vorstellungen: „Unser Anliegen ist es, in dieser Legislaturperiode fertig zu werden.“ Diese endet 2026. Allerdings will Walker vermeiden, „dass das Thema in einen Wahlkampf hineinkommt. 2024 ist die Zielmarke, die wir uns gesetzt haben. Das ist aus meiner Sicht realistisch.“
Akzeptanz für Nationalpark wächst
Die Befürworter der Erweiterung können inzwischen auf eine immer größer werdende Akzeptanz des Nationalparks verweisen. Zuletzt hatte der Park bei den jährlichen Besucherzahlen sogar die Millionengrenze geknackt und nach einer repräsentativen, landesweiten Umfrage beurteilen inzwischen rund 80 Prozent der Bevölkerung Baden-Württembergs das 2014 gegründete Großschutzgebiet als positiv.
Klaus Michael Rückert, Vorsitzender des Nationalparkrats und Landrat im Landkreis Freudenstadt zieht nach acht Jahren Nationalpark ebenfalls eine positive Bilanz: „Der Nationalpark Schwarzwald ist im Herzen unserer Region angekommen. Er war der Anlass, uns auf vielen Ebenen weiter zu vernetzen und uns gemeinsam touristisch zu vermarkten. Der Nationalpark ist auch für die örtliche Bevölkerung ein Mittelpunkt, ein wichtiger Ort der Erholung und der Bildung.“ Er würde sich daher freuen, wenn dieser weiter gestärkt und zu einer Einheit zusammenwachsen dürfe.
Ziehen die Waldbesitzer mit?
Die räumliche Weiterentwicklung dürfte indes entscheidend von den Verhandlungen der entsprechenden Ministerien und Behörden mit den Waldbesitzern abhängen, die ihre Wälder für den Lückenschluss zur Verfügung stellen sollten. Diese Gespräche und Verhandlungen sind als eigener Prozess zu verstehen, der parallel zum Beteiligungsprozess stattfindet. Gesprächen, denen die Ministerin durchaus mit einer gewissen Zuversicht entgegensieht. Die positive Entwicklung des Nationalparks habe zu einer viel besseren Gesprächsatmosphäre geführt, als dies vor der Gründung des Parks der Fall gewesen sei. So gebe es heute Kommunen, „die Teil des Gebiets sein wollen, sogar mehr Flächen einbringen möchten.“
Allerdings: Der größter Waldbesitzer in dem für den Lückenschluss angepeilten Bereich ist die Murgschifferschaft, die bis heute als Gegnerin der Nationalparkpläne gilt. 2900 Hektar Wald der Murgschifferschaft links der Murg sind es, die den nördlichen und den südlichen Teilbereich des Nationalparks Schwarzwalds trennen. Zwar ist das Land Baden-Württemberg in der Murgschifferschaft der größte Anteilseigner, hat aber im ausschlaggebenden Verwaltungsrat nur eine von fünf Stimmen.
Ministerin zuversichtlich
Die Ministerin ist in dem Interview mit dem Badischen Tagblatt dennoch zuversichtlich, dass man in den notwendigen komplexen Gesprächen „gute Lösungen“ finden werde. Es gehe ja hier um Wirtschaftswälder, mit denen Einnahmen generiert würden. Im Nationalpark würden diese Einnahmen wegfallen. Naturgemäß hätten die Waldbesitzer Interesse, dafür einen Ausgleich zu erhalten, wobei die Ministerin wohl damit das zentrale Thema der Gespräche ansprechen dürfte. Walker: „Idealerweise werden die beiden Teilgebiete zusammengeführt. Wie das genau aussehen wird, ob weitere Gebiete dazukommen, wo, in welcher Form, das ist jetzt noch offen.“
Dies war der Sachstand vor einem Jahr. Die Pressestelle des Ministeriums teilte jetzt auf Anfrage von SCHWARZWALD aktuell mit, dass es dem darüber hinaus im Moment nichts hinzuzufügen gebe.