Jürgen Roth, Oberbürgermeister der Stadt Villingen-Schwenningen: „Wir wollten es uns nicht nehmen lassen, diesen besonderen Brauch – Corona-konform – fortzuführen und bringen deshalb den Klang des Herterhorns und die Melodie von „Stille Nacht, Heilige Nacht“ zu Ihnen, in Ihr Wohnzimmer“, so Oberbürgermeister Jürgen Roth.
Es lohnt sich also, am Heiligen Abend ab 22 Uhr die Website www.villingen-schwenningen.de oder den Facebook-Kanal der Stadtverwaltung www.facebook.com/StadtVS zu besuchen. „Dort können Sie digital beim Kuhreihen dabei sein, so der Oberbürgermeister. Und es sind natürlich nicht nur die Villingen -Schwenninger, die eingeladen sind, zuzuhören sondern die ganze Welt. Theoretisch zumindest.
Ja, mit Corona haben wir seit rund zwei Jahren die Seuche am Hals. Eine Seuche war es auch, die vor genau 256 Jahren, dafür gesorgt hat, dass seitdem Jahr für Jahr in der Schwarzwaldstadt das Herterhorn zu hören ist.
Wie es einst zum Kuhreihen kam
1765: In Villingen grassiert eine Viehseuche. Bei den Menschen ruft sie schwerste Besorgnis hervor, droht sie doch den ganzen Viehbestand zu vernichten. Und der ist für die Menschen in jener Zeit überlebenswichtig. In der Nähe des Gottesackers werden eilends Notställe für das gefährdete Vieh errichtet und – was wohl kaum jemand zu hoffen wagte – es gelingt tatsächlich, das weitere Übergreifen der Seuche zu stoppen, die Verluste an Vieh in Grenzen zu halten.
Kuhreihen – ein im Schwarzwald einmaliges Brauchtum
Zum Dank für die Abwendung der großen Gefahr gelobten die Villinger alljährlich „in der Heiligen Nacht das Sinnbild im Kuhreihen zu erneuern und als heiliges Vermächtnis zu pflegen.“ So beschreibt Josef Liebermann in einer großen Abhandlung Mitte des letzten Jahrhunderts den Grund für den Brauch. Seit 1765 wird deshalb im Stadtbezirk Villingen der Brauch des Kuhreihens zelebriert. Bis heute blieb die Stadt von einer Viehseuche verschont. Es ist ein Brauch, den es im Schwarzwald nur in Villingen gibt.
Der Kuhreihen war früher der Lockruf für die Tiere, mit dem der Kuhhirte, der Herter, sie an einen Sammelort rief, um sie dann auf die Weide zu führen. Es ist eine einfache Melodie, die auf dem speziellen Herterhorn geblasen wird. Das Besondere an diesem Instrument sind die nicht vorhandenen Löcher, Klappen und Ventile.
Ja, es ist ein beeindruckendes, berührendes Brauchtum, das seitdem Jahr für Jahr in der Heiligen Nacht in der alten Zähringerstadt gepflegt wird und vielen Menschen bis heute zu Herzen geht. Viele wollen dabei sein, wenn die Stadtmusik mit ihrem Dirigenten nach der Christmette um 23 Uhr Jahr für Jahr von Tor zur Tor zieht, um den Kuhreihen zu blasen. Spätestens dann weiß auch der letzte in Villingen: Jetzt ist Weihnachten.
Abschluss des Kuhreihens ist um Mitternacht jedes Mal auf dem Marktplatz. Ein letztes Mal wird hier das Herterhorn geblasen. Mit dem Lied „Stille Nacht“ und dem mächtigen Geläut der Münsterglocken geht der Kuhreihen zu Ende.
Hoffen auf das nächste Jahr
Ja, wir werden den Kuhreihen in diesem Jahr nur digital erleben können. Uns bleibt die Hoffnung und der sehnliche Wunsch, dass wir im kommenden Jahr Corona überwinden können und der Kuhreihen dann wieder wie seit Jahrhunderten live in den Mauern der alten Zähringerstadt geblasen werden kann. Lassen Sie uns alle unseren Beitrag dazu leisten!