Schwarzwald aktuell
Foto: Stegerer
Vom Vöhrenbacher Litographen Casimir Stegerer, der damals selbst vor Ort war, stammt diese Darstellung des Unglücksortes
Vom Vöhrenbacher Litographen Casimir Stegerer, der damals selbst vor Ort war, stammt diese Darstellung des Unglücksortes
Foto: Stegerer

G’schichtle 15: Lawine reißt 17 Menschen in den Tod

23. November 2017

Der 24. Februar 1844 ist ein trauriger Tag. Ein Tag, der als der Tag in die Geschichtsbücher eingegangen ist, an dem sich das bislang größte Lawinenunglücks Deutschlands ereignet hat. Nicht irgendwo in den Alpen! Nein, hier bei uns im Schwarzwald. In Neukirch bei Furtwangen. 17 Menschen starben.

Es ist 23 Uhr im Wagnerstal. In dem dem Königenhof benachbarten Gebäude hört die Frau des Uhrengestellmachers Beha ein Sausen wie von einem Windstoß. Sogar das Gebäude erzittert. Sie reagiert nicht. Für sie war das – wie sie später aussagen wird – nichts Ungewöhnliches. Schon den ganzen Tag hatte es schließlich draußen gestürmt. Sie geht ins Bett.

Erst in den frühen Morgenstunden wird das Unglück von dem Uhrengestellmacher entdeckt. Vergeblich hatte er auf seine beiden auf dem Königenhof wohnhaften Söhne gewartet. Als er in der Dunkelheit zum Königenhof hinüberstapfen will. um nach ihnen zu sehen, ist der Hof nicht mehr zu sehen. Das Gebäude ist unter Tonnen von Schnee begraben.

Als die mächtige Lawine um 23 Uhr an dem Steilhang ins Tal hinunterdonnerte, saß – wie die späteren Ermittlungen ergaben – der Königenbauer mit seinen fünf Freunden gerade am Tisch und spielte Cego. Neben den Kartenspielern hielten sich in jener Nacht noch 18 weitere Personen auf dem Hof auf. Nur sieben der 24 Menschen – darunter vier Töchter des Hofbauern – konnten lebend aus den Trümmern geborgen werden. Für 17 Menschen kam jede Hilfe zu spät. Auch eine Großzahl Vieh – darunter 23 Rinder und ein Pferd – wurden von der Lawine verschüttet. Ein Teil der Tiere lebte noch und musste nach der Bergung von fünf Metzgern notgeschlachtet werden.

Es muss ein fürchterliches Bild gewesen sein, das sich den Hunderten von Helfern bot, die sofort nach Bekanntwerden der Katastrophe in das Tal geeilt waren, um bei den Bergungsarbeiten zu helfen. Es dauerte rund eine Woche, bis die letzten Toten aus dem Schnee ausgegraben werden konnten. Nach einem Tauwetter war es über Nacht plötzlich eisig kalt geworden war. Der hart gefrorene Schnee erschwerte die Rettungsarbeiten erheblich.

Natürlich wurde sehr schnell auch über die Unglücksursache diskutiert. Schnell wurde klar, dass die Bewohner des Hofs am Tag des Unglücks ein erstes Warnzeichen missachtet hatten. Bereits gegen 18 Uhr – also fünf Stunden vor der großen Katastrophe – war eine kleinere Lawine abgegangen und hatte das benachbarte Bienenhaus mitgerissen. Bei den Frauen im Haus kam daraufhin Angst auf. Der Hofbauer und seine Knechte setzten sich allerdings über alle Bedenken hinweg und sahen für den großen Königenhof keine Gefahr.

Doch sie sollten sich täuschen. Bis zu drei – manche sprechen sogar von vier Metern – hatte sich der Schnee an dem Hang aufgetürmt. Einsetzendes Tauwetter sorgte schließlich dafür, dass die riesigen Schneemassen in Bewegung gerieten. Das Problem: Sie konnten ungehindert den Hang hinunterdonnern. Kein Baum hielt sie auf. Die hatte der Hofbauer abgeholzt und verkauft. Mit den Bäumen wäre – da sind sich die Experten einig – so nie passiert.

Die 17 Toten wurden auf dem Friedhof in Neukirch beigesetzt. Eine Tafel mit den Namen der Verstorbenen und deren Lebensalter erinnert dort heute noch an das Unglück. Der Hof wurde nie wieder aufgebaut.. Dort, wo einst der Königenhof stand, befindet sich heute eine Grillhütte und ein Gedenkstein. Oben auf dem Hang, an der Stelle, von der die Lawine ihren Ausgangspunkt hatte, erinnert ein Kreuz das schwerste Lawinenunglück, das es in Deutschland je gab.

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