Schwarzwald aktuell
Foto: Touristinfo Enzklösterle
Blick ins Innere der Rußhütte. Ein großartiges steinernes Zeugnis für einen ausgestorbenes Waldgewerbe.
Blick ins Innere der Rußhütte. Ein großartiges steinernes Zeugnis für einen ausgestorbenes Waldgewerbe.
Foto: Touristinfo Enzklösterle

G’schichtle 108: Rußhütte: steinernes Zeugnis eines alten Waldgewerbes

22. Oktober 2021
2021 sind es genau 30 Jahre her, seit ein kleineres, doch eher unscheinbare Gebäude in das Blickfeld der deutschen Öffentlichkeit rückte. Die Rede ist von der Rußhütte in Enzklösterle im Nordschwarzwald.

Kein Geringerer als der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker war es, der zusammen mit seiner Ehefrau Marianne dem steinernen Zeugnis eines ausgestorbenen Waldgewerbes und eindrucksvollen Denkmal der deutschen Chemiegeschichte einen Besuch abstattete. Dies natürlich unter großem Medieninteresse. Vielleicht war es der Besuch des Bundespräsidenten, der den letzten Anstoß gab, das im Jahr1829 erbaute und1982 wiederentdecke Gebäude von 1992 bis 1994 vollständig zu restaurieren.

Ausgewöhnliches Ausflugsziel im Schwarzwald

Wer sich heute die Rußhütte von Enzklösterle anschaut, lernt eine echte Rarität kennen, die es nun wirklich wert war, sie zu erhalten. In Deutschland gibt es nämlich keine ähnlich gut erhaltene Rußhütte wie die im Schwarzwald. Nicht von ungefähr ist das Bauwerk zwischenzeitlich ein eingetragenes Kultdenkmal.

Viele verbinden mit dem Ruß vor allem nur Schmutz und Dreck. Von wegen! In Kienrußbrennereien wurde durch das Verbrennen bzw. Verschwelen von harzhaltigen Baumbestandteilen (z. B. Nadelholzzapfen oder Nadelreisig) Ruß als Färbemittel (z. B. für Tusche und Ölfarbe) gewonnen. Erst mit der Einführung der Steinteerproduktion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts starb dieses alte Handwerk aus.

Das Kienrußbrennen wurde meist als zusätzliches Gewerbe ausgeführt, doch konnte ein Kienrußbrenner bei sparsamer Lebensweise seinen Unterhalt auch allein mit Rußbrennen bestreiten.  So berichtet berichtete K.F.V. Jägerschmid aus dem Murgtal im Jahr 1800, eine Kienrußbrennerei habe pro Jahr bei 110 Bränden 44 Zentner Ruß erzeugt. Unter Ansatz eines durchschnittlichen Preises von 25 Gulden pro Zentner ergab dies eine Einnahme von 1100 Gulden. Für Brennmaterial, Gerätschaften, Gehilfen, Abgaben und Zinsen musste der Rußbrenner 736 Gulden bezahlen. Somit verblieb ihm ein Jahresertrag von 364 Gulden.

Dass das alte Gewerbe nicht in Vergessenheit gerät, dafür sorgt heute auch die Rußhütte in Enzklösterle, die frei zugänglich ist. Geöffnet ist täglich von 9-17 Uhr (Türen lassen sich öffnen, das Licht schaltet sich automatisch ein).

Vielleicht haben Sie ja auch Lust die Hütte im Rahmen einer neuen rund 8 Kilometer langen Rundwanderung kennenzulernen, in dem sie nicht nur jede Menge über das Kienrußbrennen, sondern über weitere alte Waldberufe wie die Flößerei oder das Wiedendrehen erfahren. Stark!°

Weitere Infos finden Sie unter www.enzkloesterle.de

DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN

Solverwp- WordPress Theme and Plugin