Schwarzwald aktuell
Foto: danielschoenen – stock.adobe.com
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Zeitreise / Als dem Schwarzwald die Bäume ausgingen

7. August 2024
Könnt ihr euch den Schwarzwald ohne Wald vorstellen? Wohl kaum? Aber ja, es gab eine Zeit, in der ihm tatsächlich die Bäume auszugehen drohten. Erst als die Menschen begriffen, dass sie auf dem besten Wege waren, sich ihren eigenen Ast abzusägen, setzte in der Forstwirtschaft ein radikales Umdenken ein, wurden gewaltige Wiederaufforstungsprogramme angekurbelt.

Alarmstimmung Ende des 18. Jahrhunderts

Ende des 18. Jahrhunderts bestand der Schwarzwald in weiten Bereichen nur noch aus Grün- und Buschland. Der Wald stand vor dem Ruin. Dafür gab es gleich mehrere Gründe. Der lange undurchdringliche Wald wurde mehr und mehr erschlossen. Eine Vielzahl von Gewerben siedelte sich an. Ob Eisen- und Glashütten, Köhlereien oder der Erzbergbau: Sie alle einte eines. Sie verschlangen gigantische Mengen von Holz. So wurden beispielsweise zu der Herstellung von einer Tonne Eisen 40 Festmeter Holz benötigt.

Raubbau mit dem Holz betrieben

Der Schwarzwald  entwickelte sich gerade im 18.Jahrhundert auch zu einem bedeutendes Zentrum der Glasproduktion. Für die Herstellung von Glas war Holz eine essentielle Ressource, da es als Brennstoff in den Glashütten verwendet wurde, um die hohen Temperaturen für das Schmelzen der Rohstoffe zu erzeugen. Der Bedarf an Holz war enorm. Eine mittelgroße Glashütte benötigte jährlich schätzungsweise 6.000 bis 10.000 Ster Holz, wobei ein Ster entspricht etwa einem Kubikmeter entspricht. Diese große Nachfrage führte zu einer intensiven Nutzung der umliegenden Wälder, was wiederum zu einer merklichen Abholzung und Veränderung der Waldlandschaft führte.

Tausende Tannen schwammen den Rhein hinab

Eine große Rolle spielte auch der Handel mit Starkhölzern. Riesige Schwarzwaldtannen wurden zu mächtigen Flößen zusammengebunden, die über Enz, Murg oder Kinzig in den Rhein so  zum Beispiel bis nach Holland gelangten, was diesen Bäumen den Namen Holländertannen einbrachte. Dort waren sie als Baumaterial für Schiffe und auch für den Städtebau sehr begehrt: Wussten Sie, dass Amsterdam auf Tausenden von Schwarzwaldtannen im sumpfigen Grund gebaut wurde? Über viele Jahre war die Flößerei ein wichtiger Erwerbszweig im Schwarzwald.

Auch die Landwirtschaft setzte dem Wald zu. Mangels Weideflächen wurde das Vieh in den Wald getrieben. Der Jungwuchs wurde weggefressen und der Boden durch die Tiere schwer beschädigt. Ende des 18. Jahrhunderts hat die extensive Nutzung des Waldes die Waldflächen im Schwarzwald stellenweise bis auf 10 % zurückgehen lassen.

Da braucht man schon viel Fantasie, um sich diese Waldflächen im Nationalpark nahezu ohne Bäume vorzustellen. Aber es gab diese Zeit. Bei dem See handelt es sich übrigens um den Wildsee. Foto:  Charly Ebel (Nationalpark Schwarzwald)

Umdenken zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Der katastrophale Zustand zwang zum Umdenken; die Menschen waren dabei sich ihre eigenen Lebensgrundlagen selbst zu entziehen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzte ein gewaltiges Umdenken ein. Jetzt durfte man dem Wald nur noch so viel Holz entnehmen, dass auch noch die nachfolgende Generation in den Genuss der gleichen Holzmenge kommen konnte.

Ein gewaltiges Wiederaufforstungsprogramm wurde in Gang gesetzt. Der Wald, der bis zur menschlichen Besiedelung vor allem aus Buchen, Tannen und Kiefern bestand, erhielt ein neues Gesicht. Die Wiederaufforstung wurde mit der Fichte vorangetrieben, die eine wesentlich höhere Rentabilität hatten, als die ursprünglichen Bäume.

Bei Wiederaufforstung einseitig auf Fichten gesetzt

Aus dem abwechslungsreichen Schwarzwald wurde ein monotoner Wald. Die Aufforstungen sorgten dafür, dass die Waldfläche im Schwarzwald allein bis 1965 um 100.000 Hektar größer war vor Beginn des Raubbaus. Die Fichten wurden in nahezu zwei Jahrhunderten zur bestimmenden Baumart. Ihr Nachteil: Sie waren wesentlich sturmanfälliger, als die bisherigen Bäume.

„Sturm Lothar“ – Katastrophe und Chance zugleich

Besonders deutlich wurde dies, als „Sturm Lothar“ 1999 über das Land fegte und katastrophale Schäden anrichtete. Der Sturm war aber auch eine Chance.

Mehr als nur in Warnschuss: „Sturm Lothar, der verheerende Wunden im Schwarzwald Wunden hinterließ und insbesondere die Schwächen der Fichten offenlegte. Bild: Forst BW

Bei der Wiederaufforstung wurde und wird darauf geachtet, dass der Schwarzwald wieder mehr zu einem Mischwald wird, wobei der Buche dabei eine besondere Rolle zukommt. Jetzt ist die Zeit, um durch den Weg hin zu mehr Mischwald dem Schwarzwald und damit auch den Menschen, die hier künftig mit und in ihm leben wollen, eine Chance zu geben.

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