Schwarzwald aktuell
Foto: Karlheinz Klauber
Hosanna: die Stimme Freiburgs.
Hosanna: die Stimme Freiburgs.
Foto: Karlheinz Klauber

Freiburger Hosanna-Glocke: die Stimme der Stadt

20. August 2020

 

900 Jahre ist Freiburg in diesem Jahr alt. Schon fast ein Muss, dieses Jubiläum zu nutzen, um auch an „Hosanna“ zu erinnern. Die Glocke, die seit mehr als 750 Jahren hoch oben im Münsterturm, dem „schönsten Turm auf Erden“ hängt, und das Leben der Menschen hier begleitet.

Über Jahrhunderte hinweg war „Hosanna“ mit ihren 3,29 Tonnen und einem Durchmesser von 1,61 Metern die größte Glocke des Freiburger Münsters. Das ist vorbei. Heute nimmt sie hin Sachen Größe nur Rang drei ein. Und dennoch: Keine andere Glocke lieben die Freiburger mehr als diese.

Die Freiburger lieben „Hosanna“

Hosanna ist nämlich nicht nur irgendeine Glocke, sondern eine der ältesten Angelusglocken (Gebetsglocken) Deutschlands überhaupt. Ein unbekannter Meister hat sie 1258 gegossen. Wohl jeder Freiburger kennt den melancholischen, klaren Es-Ton des Meisterwerks, die das Leben der Freiburger seit über 750 Jahre begleitet und obwohl sie auch nicht mehr die lauteste ist, prägt sie das Geläut des Freiburger Münsters bis heute. Ja, Hosanna ist – wie es die in Freiburg erscheinende Badische Zeitung einmal so zutreffend schrieb, – „die Stimme dieser Stadt.“

„Hosanna“ ist dabei nicht nur als Teil des Gesamtgeläuts aktiv, sondern zu festgelegten Zeiten auch alleine zu hören. Jeden Donnerstag erinnert sie nach dem Angelusgebet an die Angst Jesu auf dem und jeweils freitags um elf Uhr an die Kreuzigung Christi.

Dieser 11 Uhr-Termin ist es, warum die Freiburger ihre „Hosanna“ auch liebevoll liebevoll „Spätzles- oder Knöpflesglock“ nennen, war ihr Geläut für die Hausfrauen in alten Zeiten doch das Signal dafür, dass es jetzt höchste Zeit war, das Kochwasser für die Spätzle auf den Herd zu stellen, damit sie auch fürs Mittagessen rechtzeitig fertig werden.

Am Samstagabend ruft „Hosanna“ abends zum Gebet für die Verstorbenen der Woche auf und am 27. November jeden Jahres erinnert sie an den schwärzesten Tag in Freiburgs Geschichte, an dem 1944 die Stadt bei Luftangriffen in Schutt und Asche gelegt wurde.

„Hosanna“ war über all die Jahrhunderte die Festglocke des Freiburger Münsters. Aber auch im Rechtsleben der Stadt hatte die Hosanna bei der Einberufung der Gerichtsversammlung sowie als Brand- und Sturmglocke eine hohe Bedeutung.

Die größte Gefahr drohte der stolzen Glocke meist in Kriegszeiten. Gleich mehrfach sollte sie wie Tausende andere Glocken eingeschmolzen werden. Und nicht nur einmal lösten die Freiburger ihre „Hosanna“ mit Geld aus Feindeshand aus.

Selbst vor noch nicht allzu langer Zeit drohte Hosanna Ungemach. So wird in Freiburg erzählt, dass erst in der jüngsten Vergangenheit fast ihr letztes Stündchen geschlagen hätte. Als 1959 ein neues, größeres Geläut fürs Münster angeschafft wurde, drohte auch Hosanna das Aus.

Die Verantwortlichen unterschätzten indes die Liebe der Freiburger zu ihrer Glocke ganz gewaltig. Nicht nur den damaligen Dompfarrer traf damals fast der Schlag, als er von den Plänen erfuhr, die Glocke einzuschmelzen. Widerstand formierte sich.

Letztlich soll es der Glockengießer Friedrich Wilhelm Schilling gewesen sein, dem die „Stimme Freiburgs“ ihre Rettung zu verdanken hat. Der weigerte sich nämlich standhaft die Glocke einzuschmelzen. Selbst dann, wenn er dafür einen Auftrag für die neuen Glocken hätte opfern müssen. Der damalige Erzbischof Hermann Schäufele soll daraufhin klein beigegeben haben.

Wer heute als Gast nach Freiburg kommt, kann „Hosanna“ nicht nur hören, sondern sie bei einer Besteigung des Freiburger Münsters auch bewundern. Im Normalfall wenigstens. Derzeit ist eine Besteigung des Münsterturms und damit auch eine Besichtigung des Glockenstuhls nicht möglich. Corona hat dafür gesorgt. Aber hören können Sie sie! Und das allein ist schon ein Erlebnis. Und irgendwann wird auch eine Besichtigung wieder möglich sein.

DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN

Solverwp- WordPress Theme and Plugin